Darla Hatton MacDonald, Universität von Tasmanien undElizabeth Leane, Universität von Tasmanien
Die Zahl der Touristen, die in die Antarktis reisen, ist sprunghaft angestiegen. Von weniger als 8’000 pro Jahr vor etwa drei Jahrzehnten strömten 2023-24 fast 125’000 Touristen auf den eisigen Kontinent. Dieser Trend wird sich wahrscheinlich auf lange Sicht fortsetzen.
Ein unkontrolliertes Wachstum des Tourismus in der Antarktis birgt die Gefahr, dass genau jene Umwelt, die Besucher anzieht, zerstört wird. Das wäre schlecht für die Reiseveranstalter und die Touristen. Es wäre auch schlecht für die Antarktis – und den Planeten.
In den vergangenen zwei Wochen haben sich die Nationen, die darüber entscheiden, welche menschlichen Aktivitäten in der Antarktis erlaubt sind, in Italien getroffen. Das Treffen beinhaltete auch Diskussionen einer speziellen Arbeitsgruppe, die sich mit Fragen des Tourismus befasst.
Es ist nicht einfach, die Touristenströme auf einem Kontinent zu steuern, der sich der Kontrolle eines einzelnen Landes entzieht. Wie können wir also verhindern, dass die Antarktis zu Tode geliebt wird? Die Antwort könnte in der Wirtschaft liegen.
Zukünftige Besuchertrends
Wir haben kürzlich zukünftige Besuchertrends in der Antarktis modelliert. Ein konservatives Szenario zeigt, dass die Besucherzahlen bis 2033–34 etwa 285.000 erreichen könnten. In dem am wenigsten konservativen Szenario könnten die Zahlen 450.000 erreichen – allerdings beinhaltet diese Zahl die aufgestaute Nachfrage aufgrund der COVID-Schließungen, die wahrscheinlich zurückgehen wird.
Der überwiegende Teil der antarktischen Tourismusindustrie besteht aus dem Kreuzfahrttourismus rund um der Antarktischen Halbinsel. Ein kleiner Prozentsatz der Besucher reist in die Rossmeer-Region und in das Innere des Kontinents.
Der Tourismus in der Antarktis wird durch ein internationales Abkommen geregelt, das als Antarktis-Vertragssystem bekannt ist, sowie durch die International Association of Antarctica Tour Operators (IAATO).
Das Vertragssystem ist aber notorisch langsam und von Geopolitik zerrissen, und die IAATO hat nicht die Macht, die Besucherzahlen zu begrenzen.
Druck auf einen fragilen Kontinent
Etwa zwei Drittel der Antarktis-Touristen landen auf dem Kontinent. Die Besucherströme können die empfindlichen Ökosysteme bedrohen, indem sie:
- Böden verdichten
- die empflindliche Vegetation zertreten
- nicht einheimischer Mikroben und Pflanzenarten einschleppen
- Brutkolonien von Vögeln und Robben stören
Selbst wenn Kreuzfahrtschiffe nicht anlegen, können sie Probleme wie Luft-, Wasser- und Lärmbelästigung verursachen – ebenso wie das Ankern, das den Meeresboden beschädigen kann.
Und dann sind da noch die Kohlenstoffemissionen. Jede(r) Kreuzfahrtreisende(r) in die Antarktis verursacht in der Regel zwischen 3,2 und 4,1 Tonnen Kohlenstoff, die Anreise zum Abfahrtshafen nicht eingerechnet. Dies entspricht in etwa den Kohlenstoffemissionen, die ein Mensch im Durchschnitt in einem Jahr produziert.
Die durch Kohlenstoffemissionen verursachte globale Erwärmung schädigt die Antarktis. In der Halbinsel-Region ziehen sich Gletscher und Schelfeis zurück und das Meereis schrumpft, was sich auf die Tier- und Pflanzenwelt auswirkt.
Natürlich macht der Antarktis-Tourismus nur einen winzigen Teil der globalen Gesamtemissionen aus. Dennoch hat die Branche eine moralische Verpflichtung, den Ort zu schützen, der sie unterhält. Und der Tourismus in der Antarktis kann die Schäden durch den Klimawandel noch verstärken und empfindliche Ökosysteme in den Untergang treiben.
Einige Anbieter nutzen Hybridschiffe und weniger umweltschädliche Kraftstoffe und gleichen Emissionen aus, um klimaneutrale Reisen anzubieten. Die IAATO hat sich verpflichtet, die Emissionen bis 2050 zu halbieren – ein positiver Schritt.
Kann die Wirtschaft die Antarktis schützen?
Marktwirtschaftliche Instrumente – wie Steuern, Cap-and-Trade-Systeme und Zertifizierungen – wurden bereits in der ganzen Welt im Umweltmanagement eingesetzt. Die Forschung zeigt, dass diese Instrumente auch verhindern könnten, dass die Zahl der Touristen in der Antarktis außer Kontrolle gerät.
Eine Möglichkeit wäre, von Besucherinnen und Besuchern eine Tourismussteuer zu verlangen. Dies würde dazu beitragen, Einnahmen zur Unterstützung der Umweltüberwachung und -durchsetzung in der Antarktis sowie zur Finanzierung der Forschung zu erzielen.
Eine solche Steuer gibt es bereits in der kleinen südasiatischen Nation Bhutan, wo jeder Tourist eine Steuer von 100 US$ (152 A$) pro Nacht zahlt. Eine solche Steuer würde zwar preisbewusste Touristen abschrecken, aber wohl kaum Touristen mit hohem Einkommen, die auf Erlebnisse aus sind.
Alternativ dazu würde ein Cap-and-Trade-System eine begrenzte Anzahl von Antarktis-Besuchergenehmigungen für einen bestimmten Zeitraum schaffen. Die anfängliche Verteilung der Genehmigungen könnte über Verhandlungen, Versteigerungen oder Lotterien unter den Reiseveranstaltern oder Ländern erfolgen. Nicht genutzte Genehmigungen könnten dann verkauft werden, was sie ziemlich wertvoll macht.
Andernorts, wie z.B. auf Lord Howe Island, wurden die Auswirkungen des Tourismus erfolgreich mit Hilfe von Obergrenzen gesteuert, obwohl dort kein Handel im System erlaubt ist.
Jede Begrenzung der Touristenzahlen in der Antarktis und die Regeln für den Handel müssen auf Erkenntnissen darüber beruhen, was die Umwelt verkraften kann. Es gibt jedoch keine genauen Daten über die Belastbarkeit der Antarktis. Und die Zuteilung von Genehmigungen unter den Betreibern und Nationen müsste fair und umfassend sein.
Alternativ könnten die bestehenden Industriestandards durch unabhängige Systeme ergänzt werden, die bestimmte Praktiken zertifizieren – zum Beispiel die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks. Dies könnte durch eine robuste Überwachung und Durchsetzung unterstützt werden, um Greenwashing zu vermeiden.
Blick nach vorn
Angesichts der Komplexität der Verwaltung des Antarktis zeigt unsere Untersuchung, dass die praktikabelste Lösung eine Kombination aus diesen marktbasierten Optionen und anderen Regulierungsmaßnahmen ist.
Bisher haben die Vertragsparteien des Antarktisvertrags nur sehr wenige verbindliche Regeln für die Tourismusindustrie aufgestellt. Und einige marktbasierte Hebel werden für die Parteien akzeptabler sein als andere. Aber nichts zu tun ist keine Lösung.
Die Autoren möchten Valeria Senigaglia, Natalie Stoeckl und Jing Tian und dem Rest des Teams für ihre Beiträge zu der Forschung danken, auf der dieser Artikel basiert.
Berichtigung: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, dass die Emissionsziele der IAATO hinter den Zielen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation zurückbleiben. Dies war falsch.
Darla Hatton MacDonald, Professorin für Umweltökonomie, Universität von Tasmanien und Elizabeth Leane, Professorin für Antarktisstudien, School of Humanities, Universität von Tasmanien
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