Der polare Rückblick – Die französische Verteidigungsstrategie für die Arktis, Schwerewellen im Arktischen Ozean und der Ausbruch eines Vulkans in Island

von Polar Journal AG Team
07/21/2025

Der Polare Rückblick greift die jüngsten Ereignisse aus den Polarregionen auf. Diese Woche werfen wir einen Blick auf die französische Verteidigungsstrategie für die Arktis, eine neue Forschungsgruppe, die Schwerewellen im Arktischen Ozean untersucht und den Ausbruch eines Vulkans.

Französische LHA Dixmude mit Schnee in einem norwegischen Fjord. Foto: Manuela Tapon/Marine Nationale/Défense

Der Polare Rückblick ist eine gemeinsame Veröffentlichung des Redaktionsteams von polarjournal.net. Jede*r Autor*in wählt ein Thema aus, das sie/er in der vergangenen Woche interessant und wichtig fand. Die Initialen am Ende eines jeden Abschnitts geben die/den Autor*in an. Wir wünschen Ihnen viel Spaß damit.

Reaktion auf eine neue Realität: Frankreich erläutert seine Verteidigungsstrategie für die Arktis

Die FASM Latouche-Treville fährt in einem Fjord nordwestlich von Island. Auf See am 13. April 2022. Foto: Terence Wallet/Marine Nationale/Défense, mit freundlicher Genehmigung der französischen Marine

Als Reaktion auf eine neue Ära geopolitischer Spannungen im hohen Norden hat das französische Verteidigungsministerium seine Arktis-Strategie veröffentlicht, die eine umfassende Vision bis 2030 enthält. Das Dokument markiert einen bedeutenden politischen Wandel: Es stellt fest, dass die lange Zeit geltende „arktische Ausnahme“ der friedlichen Zusammenarbeit durch den Krieg in der Ukraine und die zunehmenden Rivalitäten zwischen den Großmächten beendet worden ist.

Die Strategie ist eine direkte Reaktion auf eine sich verändernde Sicherheitslandschaft, in der sieben der acht arktischen Staaten nun NATO-Mitglieder sind. Die Strategie verweist auch auf die verstärkte militärische Haltung Russlands und die wachsenden Ambitionen Chinas in der Region als Hauptgründe für Frankreich, eine aktivere Rolle zu übernehmen. Als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats erklärt Frankreich, es habe die „Pflicht, an der Seite seiner Verbündeten aktiv zur Stabilität der Arktis beizutragen“.

Der französische Plan umfasst drei Kernziele: einen aktiven Beitrag zur regionalen Stabilität, die Wahrung der französischen und europäischen Handlungsfreiheit und die Entwicklung militärischer Fähigkeiten, die für das raue arktische Umfeld geeignet sind. Es wurde ein spezifisches „Gebiet von vorrangigem Interesse“ definiert, das sich von Grönland bis Spitzbergen erstreckt und als entscheidend für die Stabilität des euro-atlantischen Raums angesehen wird.

Um diese Ziele zu erreichen, stützt sich die Strategie auf drei Säulen: Positionierung, Zusammenarbeit und Fähigkeiten. Frankreich will seine außenpolitische Legitimität stärken, indem es seine Präsenz in arktischen Gremien ausbaut, bilaterale Partnerschaften stärkt und die Interoperabilität – vor allem im Rahmen der NATO – verbessert. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von Fähigkeiten, etwa durch die Anpassung militärischer Ausrüstung an polare Einsatzbedingungen und Investitionen in weltraumgestützte Überwachungs- und Kommunikationssysteme für hohe Breitengrade. Die Strategie versteht sich als „realistischer“ und „schrittweiser“ Kapazitätsaufbau, der im Einklang mit den aktuellen haushalts- und industriepolitischen Rahmenbedingungen steht. M.W.

Wie interne Schwerewellen das arktische Meereis schneller schmelzen lassen könnten

Interne Schwerewellen bilden sich im Innern des Ozeans, können so hoch wie Wolkenkratzer werden, Tausende von Kilometern zurücklegen und die globale Umwälzzirkulation antreiben. Foto: Julia Hager

Was für den globalen Ozean als bedeutender Motor der Umwälzzirkulation gilt, wurde im Arktischen Ozean lange als vernachlässigbar betrachtet: Interne Schwerewellen – unsichtbare Wellen im Inneren des Ozeans. Doch nun rücken diese in den Fokus einer neuen Forschungsgruppe. Am Alfred-Wegener-Institut ist am 15. Juli die neue Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe «Artemics» unter Leitung der Ozeanografin Dr. Friederike Pollmann gestartet.

Pollmanns Forschung zielt darauf ab, zu verstehen, wie sich diese internen Wellen in einer sich rapide verändernden Arktis entwickeln und welche Auswirkungen sie auf das Meereis haben könnten. Wie Wellen an der Oberfläche können auch interne Wellen brechen, wobei sich Wasserschichten vermischen, die bisher wegen ihrer unterschiedlichen Dichte voneinander getrennt waren. Damit könnten sie die Wärme des atlantischen Wassers an die Meeresoberfläche bringen.

«Die Besonderheit in der Arktis liegt für mich darin, dass das Atlantische Wasser, das in die Arktis strömt, sehr warm ist. Es heißt oft, dass es genug Wärme mitbringt, um das gesamte arktische Meereis mehr als einmal komplett abzuschmelzen», so Pollmann. Bislang verhindere eine stabile Schichtung diese Durchmischung – doch mit dem Rückgang des Eises verändert sich das System. Weniger Eis bedeutet stärkere Winde und Gezeiten, was mehr interne Wellen erzeugt. Die Hypothese der Forscherin: Dadurch könnten sich die Schichten vermischen und so einen Teufelskreis in Gang setzen.

Um dieser möglichen Dynamik auf den Grund zu gehen, will Pollmann gemeinsam mit ihrem Team neue hochauflösende Simulationen entwickeln. Ziel ist es, interne Wellen und ihre Mischungsprozesse besser in Klimamodelle zu integrieren.

Die Nachwuchsgruppe «Artemics» wird für sechs Jahre von der DFG im Emmy-Noether-Programm gefördert und ist am AWI angesiedelt. J.H.

Eruption auf der Reykjanes-Halbinsel, 9. Akt

Diese Drohnenbilder, die am 16. Juli aufgenommen wurden, bieten einen beeindruckenden Blick auf den Vulkanausbruch auf der isländischen Halbinsel Reykjanes. Video: afarTV / YouTube

Die Halbinsel Reykjanes im Südwesten Islands erlebte am Mittwoch, den 16. Juli, einen weiteren Vulkanausbruch – den neunten seit Ende 2023. Kurz vor 4 Uhr GMT öffnete sich nördlich des Kraters Sundhnúksgígaröð eine 2,4 Kilometer lange Spalte, die Lava nach Osten über die Ebene Kálffellsheiði spuckte und dicke Rauchsäulen in die Luft schickte, die weithin sichtbar waren. Eine zweite, kleinere Spalte (500 Meter) bildete sich auch westlich des Vulkans Fagradalsfjall. Nach Angaben des isländischen Wetteramtes (IMO) fließt die Lava derzeit von der Quelle aus nach Norden und Nordosten, obwohl derzeit keine kritische Infrastruktur bedroht ist.

Die Behörden sind bemüht, die Öffentlichkeit zu beruhigen, und die Situation wird genau beobachtet. Die Lavaströme bedecken jetzt mehr als 3,2 km². In Reykjanesbær wurden erhöhte Schwefeldioxidwerte festgestellt, was zu Gesundheitswarnungen führte. Als Vorsichtsmaßnahme wurden die letzten verbliebenen Bewohner des Fischerdorfs Grindavík – das seit 2023 weitgehend evakuiert ist – sowie die Touristen des nahe gelegenen Thermalfreibad Blaue Lagune bei Reykjavík evakuiert. Der Zugang zum Ausbruchsort ist streng verboten.

Nach acht Jahrhunderten der Ruhe ist Reykjanes seit 2021 in eine neue Ära vulkanischer Aktivität eingetreten, mit sechs Ausbrüchen in achtzehn Monaten – eine deutliche Erinnerung daran, dass Island ein vom Feuer geprägtes Land ist. Tatsächlich beherbergt das Land 33 aktive Vulkansysteme, die den Graben markieren, an dem die eurasische und die nordamerikanische tektonische Platte aufeinandertreffen. M.B.