1,2 Millionen Jahre Klimageschichte aus antarktischem Eisbohrkern gewonnen

von Heiner Kubny
11/08/2025

Noch nie zuvor wurden so alte Eisbohrkerne geborgen. (Foto: BAS)
Der Eisbohrkernwissenschaftler Dr. Robert Mulvaney von der BAS wird die Standortuntersuchung am Little Dome C durchführen. (Foto: BAS)

Die Eisbohrkerne wurden über mehrere Jahre hinweg aus Little Dome C in der Ostantarktis für ein ehrgeiziges Projekt geborgen, das vor über einem Jahrzehnt begann. Die Analyse der chemischen Zusammensetzung des Eises soll vergangene Klima- und Umweltbedingungen aufdecken und ist für Wissenschaftler der Goldstandard. Denn sie liefern eine kontinuierliche Aufzeichnung vergangener Klimata mithilfe robuster chemischer Marker.

Ein Team aus 30 Forschern, Ingenieuren und Experten von BAS und europäischen Forschungsinstituten hat über sieben Wochen damit verbracht, jeden Abschnitt des wertvollen Eiskerns kontinuierlich zu schmelzen.

Die Forscher bestätigten, dass sie eine vollständige Aufzeichnung des vergangenen Klimas und der atmosphärischen Zusammensetzung für mindestens 1,2 Millionen Jahre gewonnen haben. Der Schmelzprozess hat eine ununterbrochene Abfolge von Klimazyklen freigelegt und damit den ältesten jemals gewonnenen kontinuierlichen Eiskern geliefert.

Little Dome C – ist 50 km von der französisch-italienischen Concordia-Station am Dome C entfernt ist. (Foto: BAS)

Die daraus resultierenden Daten werden nun in Laboren in ganz Europa, darunter auch bei BAS, einer umfassenden Analyse unterzogen, um Geheimnisse über die Klimaentwicklung und die Treibhausgaskonzentrationen der Erde zu lüften.

Das von der Europäischen Kommission geförderte Projekt «Beyond EPICA – Oldest Ice» bringt Forscher aus zehn europäischen Ländern und zwölf Institutionen zusammen. Ziel des Projekts ist es, bis zu 1,2 Millionen Jahre Klimageschichte der Erde zu rekonstruieren und damit den aktuellen ältesten Eiskernrekord von 800.000 Jahren, der in den letzten 20 Jahren als Maßstab galt, deutlich zu erweitern.

Dr. Liz Thomas untersucht eine Scheibe des Eiskerns auf dem Brunt-Schelfeis. (Foto: BAS)

Dr. Liz Thomas, Leiterin des Eiskernteams der British Antarctic Survey, sagte: ˶Dies ist ein historischer Moment – ​​wir verfügen nun über die längste kontinuierliche Aufzeichnung von Eisbohrkernen, die uns eine Blaupause für das Klima unserer Erde liefert. Es war eine enorme Leistung, bis zu dem Punkt zu gelangen, an dem wir nun 190 Meter der ältesten Teile des Eisbohrkerns geschmolzen haben. Das wahre Alter des Eises wird zwar erst bestimmt, wenn alle Daten zusammengetragen sind, aber unsere besten Schätzungen gehen von über 1,2 Millionen Jahren aus. Es war ein enormer Druck, eine enorme Teamleistung und eine enorme Belohnung, bis zu diesem Punkt und bis zum Ende durchzukommen˝.

Die Analyse dieses geschmolzenen Eises ist wichtig. Wir alle wollen verstehen, warum sich der Klimazyklus unseres Planeten vor etwa einer Million Jahren von 41.000 auf 100.000 Jahre verschoben hat. Indem wir die Eiskernaufzeichnungen über diesen Wendepunkt hinaus erweitern, hoffen wir, die Vorhersagen darüber zu verbessern, wie das Erdklima auf zukünftige Treibhausgaszunahmen reagieren könnte.

Das Eiskernteam des British Antarctic Survey ist auf kontinuierliche Flussanalyse spezialisiert – eine hochmoderne Technik, bei der Eiskernabschnitte ultralangsam geschmolzen werden, um gleichzeitig eine Reihe chemischer Elemente, Partikel und Isotopendaten zu messen. Dank ihrer Expertise und der Unterstützung von UK Research and Innovation (UKRI) wurde das Team für die Leitung der Verunreinigungsanalyse des ältesten jemals geborgenen antarktischen Eiskerns ausgewählt. Weitere europäische Labore werden die Eiskerne auf Treibhausgase (CO2 und Methan) untersuchen.

Forscher von BAS bohren beim Standort – Little Dome C der 50 km von der französisch-italienischen Concordia-Station am Dome C entfernt ist. (Foto: BAS)

Bisher stützte sich die Wissenschaft auf marine Sedimentkerne, um die Klimazyklen über Millionen von Jahren zu erforschen. Diese marinen Aufzeichnungen spielen eine wichtige Rolle bei der zeitlichen Eingrenzung von Eiszeit- und Zwischeneiszeitzyklen. Das Besondere an den Eiskernen ist, dass die darin eingeschlossenen Blasen die atmosphärischen Bedingungen, Veränderungen der Treibhausgaskonzentrationen und chemische Hinweise auf die Temperaturen zum Zeitpunkt ihrer Ablagerung erfasst werden.

Heiner Kubny, PolarJournal

Pressemitteilung British Antarctic Survey