Der Polare Rückblick greift die jüngsten Ereignisse aus den Polarregionen auf. Diese Woche werfen wir einen Blick auf die Fortpflanzungstaktik der Eiderenten auf Svalbard und auf ein Abschiedsvideo für die Direktorin des AWI.
Der Polare Rückblick ist eine gemeinsame Veröffentlichung des Redaktionsteams von polarjournal.net. Jede*r Autor*in wählt ein Thema aus, das sie/er in der vergangenen Woche interessant und wichtig fand. Die Initialen am Ende eines jeden Abschnitts geben die/den Autor*in an. Wir wünschen Ihnen viel Spaß damit.
Der Rückgang des Meereises beeinflusst das Brutverhalten von Eiderenten in Svalbard
Eine norwegische Langzeitstudie im Kongsfjorden, Spitzbergen, zeigt, wie stark der durch die globale Erwärmung bedingte Rückgang des Meereises in der Arktis die Brutdynamik von Eiderenten (Somateria mollissima) auf lokaler Ebene beeinflusst. Die am 13. April in der Fachzeitschrift Ecosphere veröffentlichte Untersuchung basiert auf einer fast 40 Jahre umfassenden Datenerhebung – eine der längsten Zeitreihen über arktische Wildtiere.
Im Fokus der Studie standen Inseln im Kongsfjorden, die aufgrund des früher schmelzenden Meereises früher im Jahr vom Festland isoliert werden. Diese Inseln sind dadurch für terrestrische Raubtiere wie den Polarfuchs zunehmend unzugänglich – und für bodenbrütende Vögel wie die Eiderente deutlich attraktivere Nistplätze. Die Studie belegt, dass auf diesen generell spät eisfrei werdenden Inseln nicht nur die Anzahl der Nester zugenommen hat, sondern auch die durchschnittliche Gelegegröße – beides Hinweise auf bessere Brutbedingungen. Im Gegensatz dazu gingen die Zahlen auf den Inseln zurück, die früher im Jahr eisfrei werden.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Anzahl der Nester zunahm, weil viele Eiderenten ihre Brutplätze innerhalb des Fjords verlagert haben. Die Zuwanderung neuer Individuen scheint dagegen unwahrscheinlich.
Solche kurzfristigen positiven Auswirkungen des Eisverlustes sind auch in anderen Regionen dokumentiert worden: Adéliepinguine in der Antarktis profitieren vom Gletscherrückgang, der neue Brutflächen erschließt. Im arktischen Kane-Becken hat sich durch schwindendes Eis der Zugang von Eisbären zu Beute verbessert, und in Franz-Josef-Land entstanden neue Nahrungs-Hotspots für Krabbentaucher. Diese Entwicklungen dürften jedoch nicht von Dauer sein.
Trotz lokaler Verbesserungen ist die Gesamtpopulation der Eiderenten im Kongsfjorden in den letzten Jahren zurückgegangen – wahrscheinlich aufgrund des erhöhten Räuberdrucks durch Möwen, Raubmöwen und Eisbären. Die Studie macht deutlich, dass die Folgen des Klimawandels nicht nur in großen räumlichen Dimensionen auftreten, sondern sich auch innerhalb weniger Kilometer abspielen können. J.H.
Auf Wiedersehen, Antje! – Das AWI verabschiedet sich von seiner langjährigen Direktorin
Die bekannte und sehr geschätzte Leiterin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) hatte am 30. April 2025 ihren letzten Tag im Institut. Ihr Team hat deshalb ein herzliches Abschiedsvideo gedreht und es auf dem Youtube-Kanal des Instituts geteilt.
Im vergangenen Oktober hatte Professorin Antje Boetius angekündigt, dass sie nach sieben Jahren an der Spitze des berühmten Instituts die Einrichtung und Deutschland verlassen wird, um das Monterey Bay Aquarium Research Institute (MBARI) in Monterey, Kalifornien, zu leiten. Dort wird sie nicht nur für die internationale Zusammenarbeit und die Vernetzung mit anderen Forschungseinrichtungen zuständig sein, sondern auch die Entwicklung von Methoden und Technologien für die Meeresforschung vorantreiben. „Nach vielen Jahren Wissenschaftsmanagement bei Helmholtz für die ganz großen gesellschaftlichen Herausforderungen wäre ich gerne wieder näher an der Werkbank bei der Erforschung des Ozeans. Ich wünsche mir mehr Zeit, direkt zum Meeresschutz durch bestes wissenschaftliches Wissen und die Entwicklung von ganz neuen Methoden und Ozeantechnologien beitragen zu können“, sagte sie in einem Interview im vergangenen Oktober.
Ihr Interimsnachfolger ist Professor Dr. Maarten Boersma, Leiter der AWI-Sektion „Küstenökologie“, der sich insbesondere mit den Auswirkungen des Klimawandels und anderer Stressfaktoren auf die Planktongemeinschaften in der Nordsee beschäftigt, heißt es in einer Pressemitteilung des AWI. „Als ich gefragt wurde, war ich begeistert, dass man mir die Leitung des AWI als amtierender Direktor anvertraut hat“, heißt es in der Pressemitteilung. Bis ein Auswahlausschuss am AWI über einen endgültigen Kandidaten entschieden hat, wird Maarten Boersma das deutsche Institut leiten.
Maarten Boersma ist kein Unbekannter in den Polarregionen, denn er und seine Forschungsgruppe untersuchen nicht nur das Küstensystem vor den Toren des AWI, sondern sie forschen auch in der kanadischen Arktis in Zusammenarbeit mit den AWI-Partnern in Potsdam und Bremerhaven. M.W.