Vandalismus an historischer Stätte in Antarktis

von Dr. Michael Wenger
12/20/2024

Eine bisher unbekannte Täterschaft hat ein Graffiti auf den Hangar von Whaler’s Bay gesprayt und schockiert mit diesem Vandalismusakt die Polargemeinde.
Der Flugzeughangar der ehemaligen britische Station in Whaler’s Bay steht etwas abseits der restlichen Station. Nun wurde er ein Opfer eines bisher einzigartigen Vandalenaktes. (Foto: Michael Wenger)

Die Antarktis, der eisige Teil am Ende der Welt, übt eine einzigartige Faszination aus. Ihre unberührten Landschaften, die reiche Tierwelt und die historischen Überreste ziehen Menschen aus Wissenschaft, Abenteuerlust und Tourismus gleichermaßen an. Diese empfindliche Umwelt und ihr historisches Erbe sind jedoch nicht nur durch den Klimawandel, sondern auch durch menschliche Aktivitäten bedroht, wie der jüngste Vandalismus an einem Hangar in Whaler’s Bay auf Deception Island zeigt.

Der ikonische und sehr bekannte Flugzeughangar der ehemaligen britischen Station in der Whaler’s Bay auf Deception Island wurde ein Opfer eines nie zuvor gekannten Vandalenaktes in der Antarktis. Eine oder mehrere unbekannte Personen sprayten ein Graffiti an die Aussenwand des unter Schutz stehenden Gebäudes.

Die International Association of Antarctica Tour Operators (IAATO) zeigte sich schockiert und empört über das Auftauchen der Graffit. Fotografische Beweise zeigen, dass der Hangar und andere Gebäude mit großflächigen Graffiti verunstaltet wurden, was die historische Bedeutung dieses Ortes entstellt. In einer Mitteilung bestätigte die IAATO zwar, dass es sich bei den Tätern nicht um Besucher handelte, die mit einem ihrer Mitglieder reisten, doch der Vorfall ist eine deutliche Mahnung, wie verwundbar die antarktischen Kulturerbestätten sind.

Whaler’s Bay: Ein historischer Schatz

Whaler’s Bay auf Deception Island in den Südlichen Shetlandinseln ist ein Ort von großer historischer Bedeutung. Hier befinden sich die Überreste einer norwegischen Walfangstation, die im frühen 20. Jahrhundert in Betrieb war und einen Einblick in die Geschichte menschlicher Aktivitäten in dieser abgelegenen Region bietet. Neben der Walfangstation befinden sich in der Whaler’s Bay auch Überreste der britischen wissenschaftlichen Station „Base B“, die von 1944 bis 1969 in Betrieb war. Diese Kombination aus Industrie- und Wissenschaftsgeschichte macht die Whaler’s Bay zu einem einzigartigen und wertvollen Kulturdenkmal.

Whaler’s Bay liegt nahe am Eingang zur Caldera der Vulkaninsel Deception und ist einer der bekanntesten Orte in der Antarktis. Die ehemalige Station entstand aus einer Walfangstation und wurde in den 1960er Jahren von Vulkanausbrüchen heimgesucht und 1969 verlassen. (Foto: Michael Wenger)

Die Stätte ist durch das Umweltschutzprotokoll zum Antarktisvertrag geschützt, das die Antarktis als Naturschutzgebiet ausweist und Aktivitäten verbietet, die die Umwelt oder den historischen Wert der Stätte beeinträchtigen könnten. Dieses Protokoll legt Umweltgrundsätze, -verfahren und -verpflichtungen für den umfassenden Schutz der antarktischen Umwelt und der von ihr abhängigen und mit ihr verbundenen Ökosysteme fest.

Schock, Empörung, Untersuchungen

Der Vorfall hat nach Bekanntwerden in den Sozialen Medien für Schock und Empörung gesorgt. In zahlreichen Kommentaren wird eine Aufklärung des Vandalenaktes gefordert. Die IAATO selbst hat erklärt, dass sie alle möglichen Informationen gesammelt und an die zuständigen Behörden geschickt hat. Auch die British Antarctic Survey hat sich schockiert und zutiefst betrübt über die sinnlose Aktion gezeigt. Gleichzeitig wird aber auch dazu aufgerufen, nicht in Spekulationen über die Täterschaft oder die Herkunft derjenigen zu spekulieren, mit denen die Personen nach Deception Island gelangt sind.

Trotzdem dürfte diese Aktion einmal mehr die Diskussion zum Thema Tourismus in der Antarktis befeuern, besonders innerhalb der Antarktisvertragsstaaten. Denn der Schutz der historischen Stätten fällt genauso unter das Vertragssystem wie der Schutz der antarktischen Umwelt. Und schon seit längerem werden in den Kreisen der Vertragspartner strengere Massnahmen und Regeln im Bereich Tourismus diskutiert.

Doch die Bewahrung der historischen und ökologischen Integrität der Antarktis ist eine gemeinsame Verantwortung, die von Besuchenden, Reiseveranstaltern und der internationalen Gemeinschaft gemeinsam getragen werden sollte. Jeder Mensch, der diese Region besucht, trägt durch seinen respektvollen Umgang mit dem Erbe der Antarktis dazu bei, dass dieses bewahrt bleibt. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass das Erbe, das hinterlassen wird, einen ebenso großen Wert hat wie die Erfahrungen, die man von dort mitnimmt.

Dr. Michael Wenger, Polar Journal AG