Der Polare Rückblick – Plastik in der Antarktis, erneuerbare Energien in Nunavut und Belgiens polares Erbe

von Polar Journal AG Team
02/10/2025

Der Polare Rückblick greift die jüngsten Ereignisse aus den Polarregionen auf. In der letzten Woche haben wir folgende Themen ausgewählt: die Entdeckung von Mikroplastik am Union-Gletscher, ein Projekt für erneuerbare Energien in Iqaluit und der „Belgica“-Wimpel, der zum nationalen Kulturerbe gehört.

Union Glacier Camp aus der Luft. Foto: Christopher Michel

Der Polare Rückblick wird von nun an eine gemeinsame Veröffentlichung des Polar Journal Teams sein. Jede*r Autor*in wählt ein Thema aus, das sie oder er in der vergangenen Woche interessant fand. Die Initialen am Ende eines jeden Abschnitts geben die/den Autor*in an. Wir wünschen Ihnen viel Spaß damit.

Mikroplastik im Herzen der Antarktis nachgewiesen

Zum ersten Mal wurde Mikroplastik in der Nähe von abgelegenen Camps auf dem Union Glacier und dem Schanz Glacier in den Ellsworth Mountains in der Westantarktis sowie am Südpol entdeckt. Grafik: Jones-Williams et al. 2025

Mikroplastik wurde schon früher in der Antarktis gefunden – im Meerwasser, auf dem Meeresboden, im Meereis, in verschiedenen marinen Tierarten und sogar in frisch gefallenem Schnee. Jetzt zeigt eine neue Studie, dass die Plastikverschmutzung noch weiter reicht als bisher angenommen. Zum ersten Mal hat ein Forschungsteam Mikroplastikpartikel im Schnee nahe abgelegener Forschungsstationen im Innern des Kontinents nachgewiesen: Am Union Glacier und Schanz Glacier in den Ellsworth Mountains in der Westantarktis und sogar am Südpol.

Mithilfe einer neuen Analysetechnik konnten Plastikpartikel bis zu einer Größe von nur 11 Mikrometern identifiziert werden — etwa so groß wie eine menschliche Blutzelle. Die gemessenen Konzentrationen lagen zwischen 73 und 3.099 Partikeln pro Liter Schnee, ein Wert, der bis zu 100-mal höher ist als bei früheren Studien.

Die meisten Partikel (95 %) waren kleiner als 50 Mikrometer, was darauf hindeutet, dass frühere Studien den Umfang der Verschmutzung aufgrund weniger empfindlicher Methoden unterschätzt haben könnten. Zu den am häufigsten gefundenen Kunststoffen zählen Polyamid (Nylon), Polyethylenterephthalat (PET), Polyethylen und synthetischer Gummi — Materialien, die typischerweise in Textilien, Verpackungen oder Ausrüstungsgegenständen vorkommen.

Die langfristigen Auswirkungen von Mikroplastik auf das antarktische Ökosystem müssen zwar noch weiter erforscht werden, aber Forschende vermuten, dass die winzigen Plastikpartikel die Albedo des Schnees beeinflussen und dessen Schmelzverhalten verändern könnten. Zudem könnten sie in ökologisch wichtige Regionen getragen werden und sich in der Nahrungskette anreichern.

Die Studie verdeutlicht den erheblichen Mikroplastik-Fußabdruck, den menschliche Aktivitäten im antarktischen Schnee hinterlassen. Um dieses wachsende Problem anzugehen, betonen die Autoren die Notwendigkeit einer regelmäßigen Überwachung entlegener Forschungsstationen sowie globaler Maßnahmen zur Reduzierung der Plastikverschmutzung. J.H.


Link zur Studie: Kirstie Jones-Williams, Emily Rowlands, Sebastian Primpke, Tamara Galloway, Matthew Cole, Claire Waluda, Clara Manno, Microplastics in Antarctica – A plastic legacy in the Antarctic snow?, Science of The Total Environment, 2025, 178543, ISSN 0048-9697, https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2025.178543

Der Belgica-Wimpel wird Teil des flämischen Kulturerbes

Die Belgica ist im Eis gefangen. Foto: Frederick A. Cook

Der Wimpel der Belgica wurde gerade in die Liste des beweglichen Kulturerbes der Flämischen Gemeinschaft aufgenommen, wie die Nachrichtenagentur Belga am 5. Februar mitteilte. Dieser rot-weiße Wimpel, der während der Antarktis-Expedition vom Mast der Belgica wehte, hat „einen besonderen Wert für das kollektive Gedächtnis“, so die flämische Kulturministerin Caroline Gennez.

Damit zollt Belgien einer legendären Polarexpedition Tribut. Die Belgische Antarktis-Expedition unter dem Kommando des belgischen Marineoffiziers Adrien de Gerlache war die erste, die zwischen 1897 und 1899 in der Antarktis überwinterte. Es war eine unvorhergesehene Tortur, die die Mannschaft auf die Probe stellte. Zu dieser internationalen Mannschaft gehörten Frederick Cook und Roald Amundsen, zwei Polarforscher, die später auf ihre Weise Geschichte schreiben sollten.

Die Belgica-Expedition war berühmt für ihre wissenschaftliche Erforschung der Flora und Fauna einer noch unbekannten Umgebung und für die Kartierung großer Teile der antarktischen Halbinsel.

Nach seiner Rückkehr nach Belgien schenkte De Gerlache den Wimpel dem Königlichen Yachtclub von Antwerpen, wo er bis heute erhalten ist. M.B.

6 Millionen Dollar für die Entwicklung eines Wasserkraftwerks in Iqaluit

Die Vereinigung der Inuit Qikiqtani hat einen Abschnitt des Kuugaluk-Flusses auf der Grundlage technischer, wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und ökologischer Kriterien als geeignet für die Stromversorgung von Iqaluit identifiziert. Foto: Tetra Tech

Fünfzehn Stromausfälle in Iqaluit, Nunavut, im Jahr 2024, verglichen mit nur vier im Jahr 2023. Wie jeder sagt, sind die Dieselkraftwerke der Region in die Jahre gekommen. Warum also nicht die Gelegenheit nutzen und auf erneuerbare Energien umsteigen? Im Jahr 2022 zeigte eine Studie, dass in Nunavut „der subventionierte Preis für dieselbasierten Strom und das Fehlen von Zuschüssen für erneuerbare Optionen wenig finanzielle Anreize für eine Energiewende von Seiten der Gemeinschaft bieten.“

Aber es gibt eine Überraschung: Am vergangenen Dienstag investierte die kanadische Bundesregierung 6 Millionen Dollar in den Bau eines Wasserkraftwerks 60 Kilometer von Iqaluit entfernt. Der 50 Meter hohe Damm am Kuugaluk (McKeand) River könnte 15 bis 30 MW erzeugen, was mindestens der derzeitigen Leistung der Stadt entspricht. „Dieses Projekt ist ein aufregender Schritt in Richtung erneuerbare Energien in Nunavut“, sagt Nunavuts Premierminister P.J. Akeeagok auf LinkedIn.

Die Entwicklungsgesellschaft für erneuerbare Energien Nunavut Nukkiksautiit Corporation – im Besitz der Inuit – wird die Mittel erhalten. Sie wird Studien für die Planung und Finanzierung des Baus durchführen, der zwischen 200 und 300 Millionen Dollar kosten könnte.

Die neue Infrastruktur würde es den Einwohnern ermöglichen, von der Ölheizung wegzukommen und Perspektiven für die Bergbauindustrie eröffnen sowie „die Entwicklung von Unterseekabeln und Serverzentren fördern, die für ihren Betrieb Zugang zu möglichst sauberer und erneuerbarer Energie auf einer zuverlässigen und kontinuierlichen Basis benötigen, was Diesel nicht unbedingt bietet“, betont Michael Delauney, Doktor der Sozialwissenschaften und Autor eines Buches über die Konnektivität der Inuit. C.L.

Frühere Polare Rückblicke: