Drohnenaufnahmen zeigen Orcas bei Werkzeugherstellung aus Kelp – und der Nutzung zur Hautpflege

von Gastautor
07/02/2025

Je mehr man über Orcas erfährt, desto bemerkenswerter werden sie. Diese riesigen Delfine sind die Topräuber des Ozeans und jagen sogar Weiße Haie und andere kleinere Raubtiere.

Orcas sind in vielerlei Hinsicht bemerkenswert und faszinieren jeden. Bild: Michael Wenger

Vanessa Pirotta, Macquarie Universität

Sie sind sehr intelligent und sehr sozial. Ihre Clans sind mütterlich organisiert und drehen sich um eine ältere Matriarchin, die ihrem Clan ihre eigenen Lautäußerungen beibringt. Darüber hinaus ist diese Art eine von nur sechs, von denen bekannt ist, dass sie in die Wechseljahre kommen, was auf die soziale Bedeutung älterer Weibchen nach ihrer Fortpflanzungszeit hinweist. Verschiedene Orcagruppen zeigen auch Modetrends, wie z.B. eine Gruppe, die wieder Lachs als Hut trägt, Jahrzehnte nachdem dies aus der Mode gekommen war.

Doch trotz ihrer Intelligenz war eine Sache bisher unklar. Können Orcas tatsächlich Werkzeuge herstellen, wie es Menschen, Schimpansen und andere Primaten tun? In einer heute veröffentlichten Studie amerikanischer und britischer Forscher findet man eine Antwort: Ja.

Mit Hilfe von Drohnen beobachtete ein Forschungsteam, wie Wale in der Salish See die Enden von Seetangstängeln abbrachen und sie zwischen ihren Körpern rollten. Dem Team zufolge handelt es sich dabei wahrscheinlich um eine Art der Körperpflege – die erste werkzeuggestützte Körperpflege, die bei Meerestieren beobachtet wurde. https://www.youtube.com/embed/hPLdK2DY66w?wmode=transparent&start=0 Dieses Video zeigt Wale, die Seetangwerkzeuge verwenden, was ein soziales Pflegeverhalten zu sein scheint. Video: Zentrum für Walforschung.

Seetang: Warum sollten Orcas Werkzeuge herstellen?

Die Verwendung und die Herstellung von Werkzeugen sind bei landlebenden Arten gut dokumentiert. Doch bei Meerestieren ist dies weniger häufig der Fall. Das dürfte zum Teil daran liegen, dass es schwierig ist, sie zu beobachten.

Dieses Forschungsgebiet erweitert nun das Wissen, wozu diese Tiere fähig sind. Orcas verbringen nicht nur Zeit damit, Seetang zu einem Werkzeug für die Körperpflege zu machen, sondern sie tun dies auch in Gesellschaft – zwei Orcas müssen zusammenarbeiten, um den Seetang an ihren Körpern zu reiben.

Um das Werkzeug herzustellen, benutzen Orcas ihre Zähne, um einen Seetangstängel an seinem „Stiel“ zu packen – dem langen, schmalen Teil in der Nähe der Befestigung des Seetangs, wo er sich am Felsen festmacht. Sie nutzen ihre Zähne, die Bewegung ihres Körpers und den Zug des Seetangs, um ein Stück dieses schmalen Stiels abzubrechen.

Als Nächstes nähern sie sich einem Artgenossen, legen die Länge des Seetangs auf ihr Rostrum (ihren schnabelartigen Fortsatz) und drücken ihren Kopf und den Seetang gegen die Flanke ihres Partners. Die beiden Orcas verwenden ihre Flossen und Schwanzflossen, um den Seetang einzuklemmen, während sie ihn zwischen ihren Körpern rollen. Während dieses Kontakts rollen und drehen die Orcas ihre Körper – oft in einer übertriebenen S-förmigen Haltung. Eine ähnliche Haltung wurde auch bei Orcas anderer Gruppen beobachtet, die sie einnehmen, wenn sie sich an Sand oder Kieselsteinen reiben.

Warum tun Sie das? Das Forschungsteam vermutet, dass es sich dabei um soziale Hautpflege handeln könnte. Es ist bekannt, dass Mütter von Großen Tümmlern ihre Kälber mit den Flossen von abgestorbener Haut befreien, während die werkzeuggestützte Pflege eines Artgenossen auch bei Primaten beobachtet wurde, allerdings nur selten und meist in Gefangenschaft.

Orcas aus verschiedenen sozialen Gruppen, Altersgruppen und Geschlechtern wurden dabei beobachtet. Es war jedoch wahrscheinlicher, dass sie ihre nahen Verwandten oder gleichaltrige Tiere pflegten. Es gab Anzeichen dafür, dass Wale mit Hautkrankheiten eher die Seetang-Pflegetätigkeit ausübten.

Buckelwale sind dafür bekannt, dass sie Seetang tragen, was als „Kelping“ bekannt ist. Diese Studie befasst sich jedoch mit einem anderen Verhalten, das das Autorenteam als „Allokelping“ (Kelping anderer) bezeichnen.

Eine Überraschung aus gut untersuchten Gruppen

Interessanterweise stammt diese neue Entdeckung von einigen der am besten untersuchten und berühmtesten Orcas der Welt – einer Gruppe, die als die als „Southern Resident Orcas“ bekannt ist. Wer ein Kind der 90er Jahre war, hat sie sicher in der Eröffnungsszene von Free Willy gesehen, dem Film, der mich auf den Weg brachte, Wale zu studieren.

Diese Orcas bestehen aus drei Clans, die als J-, K- und L-Clan bekannt sind. Sie leben alle in der Salish See im pazifischen Nordwesten an der Grenze zwischen Kanada und den USA.

ForscherInnen fliegen fast täglich Drohnen über diese ansässigen Gruppen und haben Zugang zu Beobachtungen aus fast 50 Jahren. Aber dies ist das erste Mal, dass das Verhalten der Werkzeugherstellung beobachtet wurde.

Leider sind diese Gruppen stark bedroht. Sie sind gefährdet durch die Lärmbelästigung durch den Schiffsverkehr, verschmutztes Wasser, Kollisionen und den Verlust ihrer Hauptnahrungsquelle – Königs-Lachs.

Orcas in der Nähe Kanadas
Eine Gruppe von Orcas vor Vancouver, Kanada. Vanessa Pirotta, CC BY-NC-ND

Orcas sind schlau

In gewisser Weise sind die Ergebnisse keine Überraschung, wenn man die Intelligenz dieser Tiere bedenkt.

In der Antarktis fangen Orcas Robben, indem sie Wellen schlagen, um sie von Eisschollen zu spülen. Vor der europäischen Kolonialisierung jagten Orcas und Gruppen der First Nations in der Nähe von Eden gemeinsam Wale.

Sie können die menschliche Sprache nachahmen, wobei verschiedene Gruppen ihre eigenen Dialekte haben. Diese Tiere sind beeindruckend – und manchmal auch rätselhaft, wie beispielsweise, als eine Gruppe vor der Iberischen Halbinsel begann, Boote zu beißen oder anzugreifen.

Obwohl Orcas oft als „Killerwale“ bezeichnet werden, sind sie keine Wale. Sie sind die größte Delfinart und können bis zu neun Meter lang werden. Man findet sie in allen Ozeanen der Welt.

Innerhalb der Art existiert eine überraschende Vielfalt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gruppieren Orcas in verschiedene Ökotypen – Populationen, die sich an die lokalen Bedingungen angepasst haben. Verschiedene Orca-Gruppen können sich erheblich unterscheiden, von der Größe über die Beute bis hin zu den Gewohnheiten. Beispielsweise legen wandernde Orcas große Entfernungen zurück, um größere Beute zu jagen, während ansässige Orcas in Gebieten mit viel Fisch bleiben.

Nicht nur ein Glücksfall

Da Orcas derart unterschiedlich sind, wissen wir nicht, ob andere Gruppen diese Verhaltensweisen entdeckt oder erlernt haben.

Doch diese Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Herstellung von Werkzeugen bei Meeressäugern weiter verbreitet sein könnte, als wir angenommen haben. Keine Hände – kein Problem.

Vanessa Pirotta, Postdoc-Forscherin und Wildtierforscherin, Macquarie Universität

Dieser Artikel wurde von The Conversation unter einer Creative-Commons-Lizenz neu veröffentlicht. Lesen Sie hier den Originalartikel.