Der Hektoria-Gletscher zerbricht im Rekordtempo

von Heiner Kubny
11/05/2025

Die Gletscherzunge des Hektoria-Gletschers im Februar 2024. Der Gletscher kalbt weiterhin riesige Eisberge ins Meer. (Foto: Naomi Ochwat)

Gletscher weltweit verlieren im Klimawandel an Masse, auch die Antarktis ist betroffen. Der Prozess am Hektor-Gletscher wurde erstmals via Satellit verfolgt. Das berichten US-Wissenschaftler um Naomi Ochwat von der University of Colorado Boulder. Ihre Erkenntnisse sind von großem Wert für die Forschung, werfen aber eine Frage auf: Wie verhalten sich andere, weit grössere Gletscher in der Antarktis.

Naomi Ochwat ist Glaziologin. Ihre Leidenschaft gilt dem Klimawandel und alles was mit Eis zu tun hat, sowie der Erde. (Foto: Naomi Ochwat)

Der Hektoria-Gletscher an der Antarktischen Halbinsel überrascht Wissenschaftler mit einem dramatischen Eisverlust: Zwischen Januar 2022 und März 2023 verlor der Gletscher rund 25 km Länge. Zeitweise brachen täglich 800 Meter Eis ab. Wie das Team jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ berichtet, entspricht das etwa dem Zehnfachen der höchsten bisher beobachteten Gletscherschwund-Geschwindigkeit.

Naomi Ochwat meinte dazu: «Als wir Anfang 2024 über den Hektoria-Gletscher flogen, konnte ich das Ausmaß des eingestürzten Gebiets kaum fassen. Ich hatte den Fjord und die markanten Bergformationen zwar schon auf Satellitenbildern gesehen, aber der Anblick vor Ort hat mich zutiefst erschüttert.»

Die am 3. November 2025 veröffentlichten Erkenntnisse werfen ein neues Licht auf die Risiken der Antarktis. Was im kleinen Maßstab am Hektoria-Gletscher geschah, könnte weitaus größere Gletscher bedrohen. Unter ähnlichen Bedingungen könnte sich ein identischer Prozess bei den Antarktis-Giganten wie dem Thwaites- oder Pine Island-Gletscher wiederholen. Die durch dieses Zerbrechen oder „Kalben“ verursachten Eisströme gelten als besonders kritisch für den Anstieg des globalen Meeresspiegels.

Der Hektoria-Gletscher liegt auf der Westseite der Antarktischen Halbinsel. (Grafik: Heiner Kubny)

Der nicht an der Untersuchung beteiligte Forscher Martin Truffer von der University of Alaska sagte dem Science Media Center, ein so extremer Fall sei seit dem Beginn der Satelliten-Ära noch nie dokumentiert worden. «Allerdings gibt es Hinweise, dass sich ähnliche Prozesse auch in der Vergangenheit abgespielt haben. Es ist so gut wie sicher, dass es auch in der Zukunft wieder vorkommt.»

Heiner Kubny, PolarJournal